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Personalbemessung: Herausforderungen und Chancen für die stationäre Pflege

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5 Fragen an: Christoph Weinbrenner

Die neue Personalbemessung stellt aktuell stationäre Einrichtungen vor große Herausforderungen. Welchen Hintergrund hat das Ganze und wie sollten die Einrichtungen jetzt handeln, um sich darauf vorzubereiten? All diese Fragen beantwortet Christoph Weinbrenner aus dem Produktmanagement für MD Stationär und gibt zudem einen Ausblick über die Möglichkeiten digitaler Unterstützung in Hinblick auf die Personalbemessung.

Die neue Personalbemessung ist gegenwärtig ein Thema, welches die Pflegebranche stark beschäftigt. Wie ist da der Hintergrund – wie ist das entstanden und warum ist das Thema im Markt derzeit so präsent?

Die aktuelle Pflegepersonalbemessung ist ein sehr starres Konstrukt, welches im Prinzip in der aktuellen Form seit 1993 besteht. Damals wurde festgelegt, dass das Personal in Pflegeeinrichtungen zu 50% aus Fachkräften und zu 50% aus Aushilfskräften bestehen sollte. Warum das so sein muss und warum das beschlossen wurde, wurde nicht weiter hinterfragt, aber im Laufe der letzten 30 Jahre ist daran immer mehr Kritik geäußert worden. Man hat sich auch gefragt, woher diese 50% Regelung überhaupt kommt, da es dafür keine wissenschaftliche Grundlage (PeBeM) gibt. Jetzt hat man das zum ersten Mal auf Grundlage der Rothgang-Studie mit dem Gesundheitsversorgungsweiterentwicklungsgesetz (GVWG) aufgebrochen, welches im Juni 2021 verabschiedet wurde. Das Wichtigste, das im GVWG verankert ist, ist dass es in den Einrichtungen keine starre Fachkraftquote mehr geben soll und nicht mehr nur zwischen Fachkräften und nicht-Fachkräften unterschieden wird. Stattdessen soll es zukünftig drei Qualifikationsgruppen in den Einrichtungen geben: Hilfskraftpersonal ohne Ausbildung (QN 2), Hilfskraftpersonal mit ein- bis zweijähriger Ausbildung, was nach Landesrecht geregelt ist (QN 3) und die dreijährig ausgebildeten Pflegefachkräfte (QN 4). In der Berechnung, wieviel Personal man zukünftig braucht oder was man vereinbaren kann, hat sich nicht besonders viel geändert. Vorher hat man angegeben, wie viele BewohnerInnen man in welchem Pflegegrad hat und durch die 50% Regelung wusste man, wie viel Personal benötigt wird. Das Ganze funktioniert jetzt ähnlich. Nach wie vor muss angegeben werden, wie viele BewohnerInnen mit welchem Pflegegrad in der Einrichtung leben. Jedoch wird nun nach einem Schlüssel berechnet, wie viele MitarbeiterInnen man von QN 2, QN 3 und QN 4 benötigt.

Was sind die Herausforderungen, die die neue Personalbemessung für die Einrichtungen mit sich bringt?

Die Berechnung an sich ist nicht kompliziert und das Prozedere kennen die Einrichtungen, aber es wäre falsch, diese einfach um den dritten Qualifikationsgrad zu erweitern. Davon auszugehen, dass man dann halt einen Qualifikationsgrad mehr zur Verfügung hat und das nur irgendwie aufzuteilen, ist nicht das Ziel der Personalbemessung. Die besondere Herausforderung für die Einrichtungen ist, dass sie ihre kompletten Arbeits- und Organisationsprozesse auf den Kopf stellen müssen. Bisher wurden 50% der anfallenden Arbeiten von der Pflegefachkraft übernommen und 50% von der Hilfskraft – das wird zukünftig nicht mehr so einfach möglich sein, da man ganz unterschiedliche Äquivalente für die Zeiten von den drei Qualifikationsgraden zur Verfügung hat. Das heißt, dass die Arbeitsteilung in den Einrichtungen komplett neu gedacht werden muss, sodass sie einen sehr effizienten Einsatz ihrer Fach- und Hilfskräfte gewährleistet. Das bedeutet, dass sie vorrangig ihre vorbehaltenen Tätigkeiten nach dem Pflegeberufsgesetz ausüben sollen und die Erhebung und Feststellung des individuellen Pflegebedarfs sowie die Organisation, Gestaltung und Steuerung des gesamten Pflegeprozesses. Das heißt, man wird Pflegefachkräfte immer seltener bei grundpflegerischen Tätigkeiten einsetzen. Daher wird es für viele Hilfskräfte, sei es QN 2 oder QN 3, ganz neue Tätigkeiten geben und auch neue Verantwortlichkeiten und Aufgaben – die sie übernehmen dürfen und übernehmen müssen. Diese wurden bisher von der Fachkraft zumindest weitestgehend übernommen, da diese zu 50% eingeplant war. Da diese zukünftig dafür nicht mehr zur Verfügung steht, bleibt das also dann an QN 2 und QN 3 hängen.

Wenn es Herausforderungen gibt, resultieren meistens auch Chancen daraus. Inwiefern kann die stationäre Pflege von der neuen Personalbemessung profitieren?

Die Chance ist, dass man sich jetzt als Einrichtung frühzeitig ganz neu aufstellen kann. Man hat alle Möglichkeiten den neuen Personalschlüssel, der dann ab Mitte des nächsten Jahres vereinbart werden kann, zu seinen Gunsten mit den Pflegekassen zu verhandeln. Es ist natürlich auch für die Einrichtungen interessant ihr Personal, was sie bisher in der Einrichtung beschäftigen, entsprechend der neuen Tätigkeiten zu qualifizieren und damit Pflegehilfskräften berufliche Perspektiven zu ermöglichen. Zusätzlich kann man als attraktiver Arbeitgeber auf dem Markt in Erscheinung zu treten.

Was sollten denn die Einrichtungen jetzt auf jeden Fall tun, um sich entsprechend vorzubereiten?

Eine Sache, die die Einrichtungen auf jeden Fall machen sollten, ist eine Bestandsaufnahme: Wieviel Personal habe ich überhaupt zurzeit in der Einrichtung und welchen Qualifikationsniveaus lässt sich dieses Personal zuordnen. Dieser Bestand sollte mit dem bundeseinheitlichen Personalschlüssel, der in §113c SGB XI festgeschrieben ist, abgeglichen werden, um zu schauen, wie groß die Lücke zur maximal möglichen verhandelbaren Personalaustattung ist. Dann sollten erste Überlegungen angestellt werden, wie sie das Personal für das neue Qualifikationsniveau 3 entsprechend der neuen Tätigkeiten qualifizieren möchten, denn dieses Niveau gibt es bislang in dieser Form noch nicht. Darüber hinaus sollte man sämtliche Arbeitsprozesse in den Einrichtungen infrage stellen und schauen, wie aktuell gearbeitet wird. Auch hier sollte man eine Art Erhebung durchführen und überlegen, wie es eigentlich im Optimalfall sein sollte: Welche Tätigkeiten übernehmen zurzeit Fachkräfte, die eigentlich nicht sein müssten und wo sind Hilfskräfte, die noch Kapazitäten haben, andere Aufgaben zu übernehmen. Viele Einrichtungen haben nach wie vor eine sehr kleinteilige Organisationsplanung und denken in Wohnbereichen. Das ist auch etwas, was die Einrichtungen infrage stellen sollten, ob das in Zukunft immer noch so sein soll oder ob das Personal im Haus eher bedarfsorientiert überall eingesetzt werden kann. Auch neues Personal finden und einstellen steht für die meisten Einrichtungen auf der Tagesordnung und die Suche sollte auch hier in Bezug auf die neue Personalbemessung angegangen werden. Jedoch bringt der aktuelle Pflegemarkt auch hier Herausforderungen mit sich. Ab dem 01. Juli 2023 haben die Einrichtungen die Möglichkeit, wenn sie zu Pflegesatzverhandlungen aufrufen, einen anderen Personalschlüssel mit den Pflegekassen zu vereinbaren. Es ist absolut sinnvoll damit frühzeitig zu beginnen, da die Personalanhaltswerte, die aktuell in §113c SGB XI festgelegt sind, erstmal nur bis 2025 ihre Gültigkeit haben. Ab da soll das Ganze nochmal evaluiert werden und es wird nochmal andere Zahlen geben, welche auch als Algorithmus 2.0 bezeichnet werden. Von vielen wird davon ausgegangen, dass man durch die gute Organisation in den nächsten Jahren mit noch weniger Fachkräften in den Einrichtungen auskommen muss. Das heißt, je früher man jetzt anfängt, das Personal gut einzuplanen und ein Stück weit zu entlasten, desto weniger Probleme bekommt man im Jahr 2025, wenn die Personalschlüssel speziell für die Fachkräfte noch einmal verschärft werden.

Wie kann unsere Software MD Stationär dabei unterstützen, die Herausforderungen, die die Personalbemessung mit sich bringt, besser abzubilden?

Bei der Entwicklung von MD Stationär haben wir schon einen klaren Fokus und einen Entwicklungsschwerpunkt auf die neue Pflegepersonalbemessung gelegt. Auch der Einsatzplan wurde stark neu gedacht und an die neuen Erfordernisse angepasst. Wir gehen davon aus, dass die meisten Einrichtungen um eine stationäre Tourenplanung, ähnlich wie es ambulante Dienste auch machen, in Zukunft nicht mehr drumherum kommen werden. Der Einsatzplan, den wir daraufhin komplett neu gestaltet haben, bietet so etwas und wir haben auch von Anfang an das Qualifikationsniveau in den Vordergrund gerückt, sodass man bei jeder Tour bzw. bei jeder Maßnahme, die man plant direkt sieht, welches Qualifikationsniveau für die jeweilige Maßnahme benötigt wird. Aber nicht nur die bewohnerindividuellen Maßnahmen, die ich plane, sind in meiner Maßnahmenplanung drin, sondern auch bewohnerübergreifende Tätigkeiten wie z.B. Inko-Material wegräumen, Medikamente stellen oder einen Rundgang durchs Haus machen. Das sind alles Aufgaben, die mit dem Einsatzplan in MD Stationär geplant werden können. Das Schöne ist, dass es da auch Auswertungsmöglichkeiten gibt. Das heißt, man sieht wie viele Minuten verplane ich eigentlich in welchem Qualifikationsniveau, überfordere ich eventuell bestimmte Personengruppen und auch im Nachhinein sieht man, ob die Maßnahmen tatsächlich von den MitarbeiterInnen erbracht worden sind, die dafür eingeplant wurden. Diese Planung muss natürlich nicht jeden Tag und zu jeder Schicht aufs Neue gemacht werden, denn wir haben da eine gewisse Intelligenz dahinter, indem wir Einsatzplan-Vorlagen abspeichern können. Das heißt, wenn ich eine vernünftige Planung für den Wohnbereich oder für mein Haus erstellt habe, dann kann ich die auch als Vorlage abspeichern und später immer wieder als Grundlage für meine Einsätze benutzen. Ich kann auch mehrere für eine Schicht erstellen – das ist im Krankheitsfall besonders praktisch, wenn ich keinen Ersatz bekomme. Dann kann man einfach eine andere Vorlage anwenden, sodass die Arbeit immer noch zu bewältigen ist und eben auch auf andere Qualifikationsniveaus umgeplant werden kann.

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