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Von E-Bike Touren & Diensten nach Work-Life-Balance – wie ein moderner Arbeitsplatz in der ambulanten Pflege heute aussehen kann

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„Ein moderner Arbeitsplatz gestaltet sich für mich vor allem durch Kommunikation und Offenheit“, verrät Sebastian Puglisi, Geschäftsführer der Caritas Sozialstation in Lohr am Main, als wir das Team im vergangenen Mai vor Ort in den Räumlichkeiten der Einrichtung besuchen. Das Unternehmen ist seit über dreißig Jahren fester Bestandteil der pflegerischen Versorgung im Landkreis Main-Spessart und ein Großteil des Teams eng mit der Region verbunden. Doch trotz des wachsenden Erfolgs sieht sich auch die Sozialstation den Herausforderungen unserer Zeit gegenüber, denn auch viele ihrer Pflegekräfte werden im Laufe der nächsten Jahre in Rente gehen. Um das fehlende Personal auffangen zu können, wird Nachwuchs dringend benötigt. Für Sebastian Puglisi steht fest, dass gesellschaftliche Veränderungen mitgedacht und neue Ansätze geschaffen werden müssen, um den Beruf attraktiv zu gestalten. Welche Konzepte die Caritas Sozialstation in Lohr am Main für sich mit Erfolg etablieren konnte und wie der Pflegealltag des Teams aussieht, beschreibt er im persönlichen Gespräch mit uns.

 

Herr Puglisi, Sie betreiben eine eigenständige Caritas hier in Lohr am Main. Erzählen Sie uns mehr über Ihre Einrichtung: wie sieht der typische Pflegealltag bei Ihnen und Ihrem Team aus?

Sebastian Puglisi: Unsere Caritas Sozialstation ist seit über dreißig Jahren aktiv und versorgt im Altlandkreis Lohr über 1000 KundInnen mit rund 80 Mitarbeitenden in verschiedensten Leistungsbereichen. Mit der Zeit haben wir uns stetig weiterentwickelt, auch wenn wir rückblickend merken, dass der Pflegealltag nicht immer einfach für uns war. Die Corona-Pandemie, das Inflationsgeschehen oder gesetzliche Neuerungen, die in der ambulanten Pflege ständig vorkommen, haben auch uns stark beeinflusst. Mit unserem Team konnten wir den Alltag jedoch gut meistern. Ein Großteil der Belegschaft ist praktisch hier aufgewachsen und seit vielen Jahren Teil des Teams. Unsere Mitarbeiterin aus der Verwaltung ist beispielsweise seit über zwanzig Jahren bei uns tätig. Ich selbst habe als Zivildienstleistender mit siebzehn Jahren hier angefangen. Natürlich gibt es auch diese Tage, die sicherlich jeder in der Branche kennt, wo man sich fragt, wie lange es wohl noch so weitergehen kann. Deshalb geben wir alles dafür, uns schon heute mit der Zukunft auseinanderzusetzen. Denn klar ist, dass viele unserer Pflegekräfte in den nächsten Jahren in Rente gehen, was eine große Herausforderung für uns sein wird. 

 

Der Pflegealltag hat sich für Sie in den letzten Jahren sehr verändert. Was hat das mit Ihnen als Einrichtung gemacht?

Sebastian Puglisi: Sie hat uns modernisiert. Ich kann mich noch gut an die „alte“ Sozialstation erinnern. Als ich angefangen habe, hatten wir fünf Autos, ein Telefon und die Mitarbeitenden haben noch mit Magnettafeln gearbeitet. Die Digitalisierung hat uns in ein neues Zeitalter gebracht und so konnten wir in den vergangenen Jahren stark wachsen. Wir stellen uns oft die Frage, wie sich die Caritas Sozialstation wohl entwickelt hätte, wenn wir diese Entscheidungen nicht für uns getroffen hätten. Wären wir noch da? Wir wissen es nicht, aber bis heute scheinen wir einen guten Weg eingeschlagen zu haben. Leider kann man sich darauf nicht ausruhen, denn in unserer Branche wartet jeden Tag eine neue Herausforderung auf uns (lacht). 

 

Auch in Ihrem Leitbild manifestiert sich das Ziel, die Qualität stets weiter zu verbessern und Innovation voranzutreiben. Was genau bedeutet „Innovation“ für Sie und inwiefern unterstützt Sie Ihre Pflegesoftware dabei? 

Sebastian Puglisi: Aufgrund der ständigen Überlastung des Pflegepersonals haben wir irgendwann gemerkt, dass es mit der ganzen Dokumentationsarbeit nicht mehr so weitergeht. Also sind wir mit MediFox gestartet. Natürlich hat die Einführung digitaler Medien erst einmal viel Zeit und Energie gekostet, aber diese Innovationen waren notwendig, um uns den gesellschaftlichen Veränderungen anpassen zu können. Die moderne Arbeitswelt mit ihren neuen Anforderungen an die Work-Life-Balance ist für die alten Routinen einfach nicht mehr geschaffen. Ich habe dreizehn Jahre aktiv in der Pflege gearbeitet und mich hat es immer belastet, wenn ich nach meiner Tour mit etlichen Dokumentationsmappen am Tisch saß, um sie aktuell zu halten. Heute sind wir froh, dass wir diesen Schritt schon damals gegangen sind, gerade in Hinblick auf die Telematikinfrastruktur, die ab 2025 verpflichtend für alle kommt. 

 

 

Einerseits können Investitionen in Innovation durch den wachsenden Kostendruck auf Pflegedienste und Sozialstationen zur finanziellen Belastung werden. Auf der anderen Seite stehen mit der verpflichtenden Anbindung an die TI bereits neue Veränderungen an, welche die fortschreitende Digitalisierung weiter vorantreiben. Wann kommt der Zeitpunkt, an dem man als Einrichtung weitergehen muss, um erfolgreich zu bleiben?

Sebastian Puglisi: Die finanzielle Belastung bei der Digitalisierung ist hoch, das muss man ganz klar sagen. Letztendlich bleibt uns aber nichts anderes übrig und man wird eben auch gesetzlich dazu gedrängt, gewisse Investitionen zu tätigen. Wir haben in den letzten Jahren sehr viel in unsere zwei Tagespflegen, den neuen Verwaltungsbau, unseren Fuhrpark, in die Mitarbeitenden, das Qualitätsmanagement und natürlich auch in die Digitalisierung unserer Einrichtung investiert. Natürlich war das für uns eine enorme Belastung und ein gewisses Taktieren notwendig. Wann ist der richtige Zeitpunkt, Projekte in die Tat umzusetzen? Brauchen wir jetzt diese Art von Digitalisierung oder nicht? Denn natürlich hinterfrage ich schon, ob eine Umstellung sinnvoll ist. Hierzu waren wir immer eng mit MEDIFOX DAN im Austausch, wie jetzt auch zur Anbindung an die Telematikinfrastruktur. Wir möchten uns bestmöglich vorbereiten, um auch bei der Abrechnung noch schneller agieren zu können. Was geht, haben wir bereits umgestellt, aber letztendlich ist es so, dass ich bei der Abrechnung von Leistungen nach SGB V eine Unterschrift erfassen muss. Das verzögert den Abrechnungs- und Liquiditätsprozess, weil die Unterschriften insbesondere im Bereich der Tagespflege oftmals mit einem Zeitverzug von bis zu drei Wochen eingeholt werden. Bis die Rechnung verschickt ist und die Kassen ihr Zahlungsziel tätigen, verzögert sich der Zahlungseingang in einen Bereich, der in Zeiten von Inflation und Kostensteigerung durchaus kritisch sein kann. Daher wäre ich wirklich froh, wenn allein im Bereich der Abrechnung alles volldigital per Klick funktionieren würde. Mit der MEDIFOX DAN Software wäre das von technischer Seite bereits möglich, aber von der Gesetzgebung heute leider noch nicht umsetzbar. 

 

In Hinblick auf die weiterführende Digitalisierung Ihrer Sozialstation haben Sie sich unter anderem für ein Upgrade Ihrer Pflegesoftware entschieden. Was waren die ausschlaggebenden Beweggründe für die Entscheidung? 

Sebastian Puglisi: Auf dem aktuellsten Stand zu sein und von allen Funktionen der Software profitieren zu können, war für uns mitunter der wichtigste Faktor – auch in Hinblick auf gesetzliche Änderungen, die mit dem Upgrade bereits eingeführt werden. Derzeit sind wir vor allem zu den Einsatzmöglichkeiten von künstlicher Intelligenz im Austausch mit unserem Ansprechpartner von MEDIFOX DAN. Bisher haben wir die KI-gestützte Tourenplanung noch nicht bei uns eingeführt. Die Anwendung in der Praxis zu testen, wäre der nächste Step für uns. 

 

Stichwort Tourenplanung – eine ausgeglichene Work-Life-Balance ist für viele ArbeitnehmerInnen heute ein wichtiger Faktor für die Gestaltung ihres Berufslebens. Wie schaffen Sie es, diesen Ausgleich zu schaffen? 

Sebastian Puglisi: Ich denke, das Leitungsteam spielt hier eine wichtige Schlüsselrolle. Wir setzen auf einen eher laissez-fairen Führungsstil, haben immer ein offenes Ohr für die KollegInnen und legen großen Wert auf Transparenz. Sämtliche Medien und Inhalte sind für alle Mitarbeitenden frei zugänglich. Auch der Tourenplan steht vorne in der Station offen zur Verfügung. Die Mitarbeitenden dürfen mit entsprechenden Vorgaben darin arbeiten und eigene Entscheidungen treffen. Wir verteilen die Arbeit also auf mehrere Köpfe, denn eine Pflegedienstleitung allein kann die Work-Life-Balance der KollegInnen nicht zu jedem Zeitpunkt perfekt im Blick haben. So haben wir für uns eine gute Struktur gefunden. Wir setzen mittlerweile komplett auf Einschichtsysteme – ohne Doppeldienste und mit maximal ein bis zwei Wochenenddiensten im Monat. Doch natürlich gibt es auch für uns Grenzen. Wir haben schließlich auch einen Versorgungsauftrag und müssen diesen sicherstellen. Die Balance zu schaffen ist täglich eine Herausforderung und funktioniert nur, weil unsere Mitarbeitenden sehr verbunden mit der Einrichtung sind. Wie bereits erwähnt, sind viele KollegInnen schon seit über 20 Jahren Teil des Teams. 

 

 

Auch was die Tourenplanung betrifft, denken Sie Bestehendes neu. So fahren Sie unter anderem Touren mit dem E-Bike. Wie ist die Idee entstanden?

Sebastian Puglisi: Wir sind in einem Beruf tätig, in dem Personal an allen Ecken und Enden fehlt. Wir haben eine Anfrage von einem Bewerber erhalten, der aufgrund einer Erkrankung kein Fahrzeug führen darf. Aus diesem Grund haben wir entschieden, eine spezielle Tour mit dem E-Bike für den Kollegen zusammenzustellen. Er hat ein eigenes Lastenfahrrad, dessen Wartung wir übernehmen. Natürlich ist auch hier die praktische Umsetzung nicht immer einfach. Ich hatte erst vor Kurzem das Gespräch mit dem Kollegen gesucht, da ich im Winter immer ein schlechtes Gewissen hatte und über ein Kabinenfahrrad nachgedacht habe. Er ist aber bis heute rundum zufrieden (lacht). Dazu sei noch gesagt, dass unsere Mitarbeitenden schon vorher die Möglichkeit hatten, ihre Touren mit dem E-Bike zu fahren. Wir haben daher noch ein weiteres Fahrrad, das jederzeit genutzt werden kann. Vor allem unsere Hauswirtschaftskräfte nehmen dieses Angebot gern in Anspruch. 

 

Und man hält sich in jedem Fall fit. 

Sebastian Puglisi: Das stimmt. Wir schauen aber natürlich bei der Planung darauf, dass die Entfernungen auch zu leisten sind. Die weiteste Strecke umfasst knapp 25 Kilometer. Das interessante ist, dass unser Mitarbeiter mit dem E-Bike die besten Fahrzeiten hat im Vergleich zu den Touren mit Fahrzeugen. 

 

Die praktische Umsetzung von E-Bike Touren setzt auch einen gewissen Digitalisierungsgrad voraus, was die Dokumentation betrifft. Denn mit schweren Pflegemappen lässt es sich nicht so leicht mit dem Fahrrad fahren. Sie setzen bereits auf mobile Lösungen und nutzen sowohl CarePads als auch CareMobile in Ihrer Sozialstation. Wo entlasten die mobilen Lösungen Ihre Mitarbeitenden in ihrem Pflegealltag?

Sebastian Puglisi: Mit der Einführung der CarePads hat sich das Arbeiten stark verändert. CareMobile hatten wir bereits zuvor im Einsatz. Die Mitarbeitenden haben selbst die Möglichkeit, die kompletten Dokumentationsinhalte inklusive Tourenplan, die Zeit- und Leistungserfassung und Nachrichten abzurufen. Jede/r hat sein iPad in der Tasche mit dabei und damit alles, was man braucht. Vor allem die Diktierfunktion wird sehr gut genutzt, auch für die Dokumentation. Nach der Einführungsphase haben wir die Einsatzmöglichkeiten weiter optimiert, zum Beispiel in Hinblick darauf, welche Dokumentationsinhalte wir verwenden oder anpassen möchten. Gerade in Hinblick auf die lebenslange Beschäftigtennummer bin ich heute froh, dass wir uns rechtzeitig für die Umstellung auf eine mobile Erfassung entschieden haben. 

 

Mobilität bedeutet auch, unterwegs jederzeit vernetzt zu sein. Was bedeutet digitale Vernetzung im Kontext der ambulanten Pflege für Sie persönlich?

Sebastian Puglisi: Die digitale Vernetzung ist ein Thema, das immer wichtiger wird. Hier im Landkreis Main-Spessart liegen wir im bundesweiten Ranking zur demografischen Lage recht weit oben. Das bedeutet, wir haben eine hohe Altersstruktur, eine ausgelastete stationäre Altenhilfe und viele der arbeitstätigen Pflegekräfte werden in den nächsten Jahren in Rente gehen. All diese Herausforderungen werden wir ohne Vernetzung im Bereich Kommunikation nicht stemmen können. Aus meiner Sicht ist es daher zwingend erforderlich, die Grundbausteine für eine digitale Vernetzung weiter auszubauen, uns weiterzuentwickeln und zu modernisieren, um dem Pflegenotstand wirksam entgegentreten zu können. 

 

Inwieweit können digitale Lösungen dazu beitragen, die erforderlichen Strukturen für eine vernetzte Gesundheitsbranche zu schaffen?

Sebastian Puglisi: Früher wurden hier im Landkreis Main-Spessart drei Krankenhäuser betrieben, heute ist es nur noch eins. Daher brauchen wir umso bessere Kommunikationsstrukturen zur Übermittlung von Pflegebedürftigen. Die digitale Weiter- und Übergabe von Informationen ist also ein wichtiger Teil der Lösung. Wir wirken derzeit in Zusammenarbeit mit dem Klinikum Main-Spessart an einem umfangreichen Pilotprojekt mit, um zu erörtern, wie diese Vernetzung in der Zukunft aussehen kann. 

 

Was Ihre Sozialstation betrifft, so setzten Sie schon heute MEDIFOX DAN Connect ein. Wofür genau nutzen Sie das Online-Portal in Ihrer Einrichtung und was ist der Mehrwert für Sie und Ihr Team?

Sebastian Puglisi: Was MEDIFOX DAN Connect betrifft war ich immer ein wenig hin- und hergerissen. Letztendlich haben wir uns für eine Einführung entschieden und im Nachhinein bietet das Online-Portal für die Mitarbeitenden viele Vorteile. Sie haben die Möglichkeit, ihre Daten und auch die Zeiterfassung selbstständig zu führen – natürlich nach entsprechenden Vorgaben. Gerade in Zeiten von Krankheitswellen oder Urlaubszeiten ist das eine große Entlastung. Wenn der Mitarbeitende zurückkommt, muss er nicht extra ins Büro fahren, um sich auf den aktuellen Stand zu bringen, sondern kann von zuhause aus alle Informationen einsehen. Denn alle wesentlichen Unterlagen und die Dienstpläne sind in Connect hinterlegt. Perspektivisch möchten wir das Portal auch für die Angehörigen nutzen und im Bereich der hausärztlichen Versorgung

 

Nicht nur für Mitarbeitende, sondern auch für BewerberInnen ist digitales Arbeiten ein wichtiger Indikator auf der Suche nach dem passenden Arbeitgeber. Wie sieht ein „moderner“ Arbeitsplatz für Sie aus? 

Sebastian Puglisi: Ein moderner Arbeitsplatz gestaltet sich für mich vor allem durch Kommunikation und Offenheit. Die Mitarbeitenden sollen das Gefühl haben, ihre Sorgen jederzeit ansprechen zu können. Natürlich bieten wir auch eine schöne Arbeitsumgebung mit Massagesesseln im Pausenraum, höhenverstellbaren Schreibtischen, separaten Besprechungszimmern und einer Küche, in der wir als Team gelegentlich auch gemeinsam kochen. Wichtiger als ein schöner Büroraum ist jedoch der Dienstplan – das ist das A und O für die Mitarbeitenden. Es muss eine Arbeitsstruktur gegeben sein, die ermöglicht, das der Mitarbeitende innerhalb seiner wöchentlichen Arbeitszeit bleibt und die Tourenplanung in Hinblick auf die Ruhephasen ausgeglichen ist, sowohl für die physische, aber auch psychische Belastung. Sicherlich tragen Fahrradstellplätze oder Umkleidekabinen zur Zufriedenheit bei, aber nach Umfragen, die wir unter den KollegInnen durchgeführt haben, ist die Offenheit in der Kommunikation und die Dienstplanung letztendlich das Wichtigste. Alles, was darüber hinaus geht, ist im Endeffekt „nice to have“. 

 

Inwiefern hat sich die Arbeitswelt in Hinblick auf die Erwartungen, die an Arbeitgeber gestellt werden, verändert?

Sebastian Puglisi: Die Work-Life-Balance spielt für die Mitarbeitenden heute eine viel größere Rolle als früher, unabhängig von der Altersstruktur. Als ich vor dreizehn Jahren noch aktiv in der Pflege gearbeitet habe, da kam es regelmäßig vor, dass man vierzehn Tage am Stück mit fünf bis sechs Doppeldiensten arbeiten musste. Heute ist das bei uns nicht mehr vorstellbar. Auch die Gehaltsstruktur hat sich mit der Einführung der Tarife sehr verändert. In Zeiten, wo alles teurer wird, spielt das natürlich eine wichtige Rolle. Ich verstehe, dass die Umstellung in Hinblick auf die wirtschaftliche Kalkulation eine Herausforderung ist, die Entlohnung muss jedoch im Verhältnis zur geleisteten Tätigkeit stehen. Klar ist aber auch, dass wenn die Kosten für Pflegedienste weiter steigen, man die Balance nicht mehr halten kann. 

 

 

Die Kollaboration mit anderen Pflegediensten ist ein besonders Anliegen für Sie. Inwieweit kann eine engmaschigere Zusammenarbeit dazu beitragen, die Branche zu stärken?

Sebastian Puglisi: Auch wenn sich die Strukturen je nach Landkreis unterscheiden, bewegen uns dieselben Themen. Wir sind regelmäßig im Austausch mit den benachbarten Sozialstationen und machen uns Gedanken, wie es in Zukunft mit der Branche weitergeht. Aktuell hört man von vielen Verschmelzungen und Pflegediensten, die aufhören. Wenn wir uns die Zahlen anschauen, können wir die Sozialstation alleine für einen so großen Landkreis im Laufe der nächsten zehn bis fünfzehn Jahre nicht aufrechterhalten. Daher machen wir uns viele Gedanken, inwieweit man zukünftig Synergien schaffen kann – ob bei der Digitalisierung, Fort- und Ausbildung, Qualitätsmanagement oder im Einkauf. Dass unsere Pflegesoftware schon heute einheitliche Strukturen vorgibt, hilft uns dabei, Themen schneller bearbeiten zu können. 

 

Umso wichtiger ist es, junge Menschen für die Pflege zu begeistern. Wie schafft man es, die Attraktivität des Berufs nach außen zu stärken?

Sebastian Puglisi: Auf der letzten Leitungskonferenz, die wir besucht haben, wurden uns die aktuellen Ausbildungszahlen vorgelegt. Das Ergebnis ist erschreckend. Hier in Unterfranken hat nicht einmal jeder zweite ambulante Pflegedienst einen Auszubildenden. Wir besuchen regelmäßig die Schulen in der Umgebung und mein Eindruck ist, dass vielen überhaupt nicht bekannt ist, dass auch die ambulante Pflege Ausbildungen anbietet. Auch das Führen eines Fahrzeugs ist ein großes Thema, denn nicht jede/r macht heute mit 18 Jahren seinen/ihren Führerschein. Viele nutzen der Umwelt zuliebe vorzugsweise die öffentlichen Verkehrsmittel oder das Fahrrad. Die gesellschaftlichen Veränderungen muss man heute mitdenken. Allerdings sollten wir nicht vergessen, dass Pflege eben Pflege bleibt – auch wenn ich alles dafür tue, den Alltag etwas einfacher zu gestalten. Die Pflegebedürftigen selbst haben dieselben Ansprüche wie vor zwanzig Jahren und so schön der Beruf auch ist, fordert er von einem selbst viel ab. Das muss mir klar sein, wenn ich mich für den Weg entscheide. Umso mehr freuen wir uns, dass wir auch im September wieder drei Azubis bei uns begrüßen dürfen. Denn demnächst wird die Generation der „Boomer“ in Rente gehen und wir hoffen, das fehlende Personal so ein wenig auffangen zu können. 

 

Was würden Sie sich für die Pflege in Zukunft wünschen?

Sebastian Puglisi: Die Auflagen, die uns heute auferlegt werden, bremsen uns oftmals aus. Der Verwaltungsapparat in der ambulanten Pflege ist unfassbar gewachsen. Manchmal fühle ich mich nicht wie der Geschäftsführer einer Sozialstation, sondern eher wie ein Jurist. Umso mehr erhoffe ich mir, dass durch die Telematikinfrastruktur noch einheitlichere Strukturen geschaffen werden, die uns den Alltag etwas erleichtern. Denn wenn ich mich in meiner Kernarbeitszeit nur mit diesen Themen beschäftige, kann ich nicht wirklich mit Herz dabei sein. Heute früh war ich schon in unserer Tagespflege und habe allen Mitarbeitenden einen schönen Tag gewünscht. Ich würde mir gern mehr Zeit dafür nehmen. In dem Bereich muss sich definitiv etwas ändern, um die richtige Balance zu schaffen. 

 

 

Gibt es etwas, das Sie für sich als Sozialstation in den nächsten Jahren verändern möchten?

Sebastian Puglisi: Die letzte Zeit war für uns sehr intensiv. Wir haben innerhalb von zwei bis drei Jahren unglaublich viel investiert, weshalb wir für dieses Jahr keine weiteren Projekte planen. Wir haben auch unseren Mitarbeitenden viel zugemutet und brauchen jetzt eine Ruhephase, in der wir einfach mal alles laufen lassen können. Gerade die gemeinsame Zeit mit den KollegInnen bleibt in akuten Projektphasen oftmals auf der Strecke und so können wir uns in 2025 die Ergebnisse mit frischem Blick anschauen, um zu sehen, welche Themen wir als nächstes vorantreiben. 

 

Umso schöner, wenn Sie jetzt die Früchte der harten Arbeit ernten und die Ruhephase nutzen können, um neue Kraft zu tanken. Vielen Dank, dass Sie sich die Zeit für uns genommen und Ihre ganz persönlichen Erfahrungen mit uns geteilt haben. Wir sind gespannt, wie sich die Caritas Sozialstation in Zukunft weiterentwickelt und mit ganz neuen Konzepten einen großen Beitrag dazu leistet, die Pflege voranzutreiben. Vielen Dank für das Interview, Herr Puglisi! 

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